Es gibt ein Wort, das öfter fällt, wenn man mit Sibylle Breitbach über ihre Agentur WASTED MANAGEMENT spricht. Es ist ein schönes Wort, so simpel wie diffizil: Gespür. Dieses kleine pochende Gefühl, das einfach da ist, ohne dass es jemand erklären könnte.
Gegründet hat sie WASTED MANAGEMENT 1995 in Köln, seit 2004 lebt und arbeitet sie nun in Berlin. Management – das hat für Sibylle Breitbach nie bedeutet, von vornherein die eine perfekte Strategie parat zu haben. Vielmehr drehte sich ihre Arbeit von Anfang an um individuelle Talente und deren ebenso individuelle, wie intensive Betreuung. WASTED MANAGEMENT kümmert sich um Kontakte zu Casting-Agenturen, Produzenten und Regisseuren, um Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie um Marketing-Akquise. Entwickelt werden Ideen für Projekte aber immer gemeinsam. „Ich habe die Zusammenarbeit mit Künstlern immer als langen, gemeinsamen Entwicklungsprozess verstanden“, sagt Sibylle Breitbach. Eine Philosophie, deren Ursprünge auf die Anfangstage der Agentur zurückgehen.

Du hast früher im Justizministerium in Bonn gearbeitet und später im Hotel Chelsea in Köln – dort und im dazugehörigen Café Central traf sich in den 80er und 90er JAHREN eine bunte Mischung als Künstlern und Musikern. Was hat dich damals dazu bewegt, eine Künstlermanagement-Agentur zu gründen?

Die Zeit im Chelsea war eine tolle Erfahrung. Als Geschäftsführerin hatte ich die Gelegenheit, mich kreativ auszutoben, sehr viel auszuprobieren: Ich habe überwiegend mit Plattenfirmen gearbeitet, deren Bands wie Blur, Oasis oder The Verve zu Gast im Hotel waren. Und auch mit Galerien und Bildenden Künstlern wie Martin Kippenberger, Walter Dahn oder Joseph Kosuth, die ihre Aufenthalte teils mit Bildern bezahlten. Es gab viele Ausstellungen im Chelsea. Aus dieser Zeit kenne ich auch Heike Makatsch, die damals noch bei VIVA moderiert hat und auf der Suche nach einer passenden Agentur war. Sie wollte aber zu keiner der großen Agenturen, hat instinktiv nach etwas anderem gesucht. Weil wir uns auf Anhieb mochten, haben wir kurzerhand beschlossen, zusammenzuarbeiten.

 

Heike war nicht nur deine erste, sondern auch lange deine einzige Klientin. Inwiefern war das wegweisend für die Arbeitsweise von WASTED MANAGEMENT?

Das Schöne damals war, dass wir einfach angefangen haben: mit großer Unbeschwertheit und ebenso viel Neugier. Heike hatte bis dahin noch nicht als Schauspielerin gearbeitet. Dann kam das Angebot von Detlev Bucks Film „Männerpension“. Wir kannten uns auf dem Gebiet anfangs beide nicht aus, haben uns aber Schritt für Schritt gemeinsam weiterentwickelt. Aus dieser sehr engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit hat sich das Fundament für WASTED MANAGEMENT entwickelt.

 

Du bist auch maßgeblich verantwortlich für die Karriere von Sibel Kekilli. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und inwieweit hast Du sie auf ihrem beruflichen Weg begleitet?

Nachdem „Gegen die Wand“ den Goldenen Bären gewonnen hatte und damit ein unglaublicher Presserummel einherging, kam die Produktion auf mich zu mit der Anfrage, ob ich Sibel Kekilli würde vertreten wollen. Unsere Zusammenarbeit begann dann unmittelbar danach. Die Arbeit mit Sibel war sehr intensiv und schon auch eine Herausforderung auf weiten Strecken, die wir aber in all den 12 Jahren unserer Zusammenarbeit erfolgreich gemeistert haben. Eins der Highlights neben anderen tollen Projekten war sicherlich ihre Rolle in „Game of Thrones“.

 

Was würdest du sagen, ist das Wichtigste bei deiner Arbeit?

Ich glaube, letztendlich hat mein Job vor allem mit dem richtigen Gespür für Menschen und Projekte zu tun, mit der Leidenschaft dafür und mit einer großen Offenheit. Und auch mit Organisationsstrukturen. Letzteres habe ich während meiner Zeit im Justizministerium gelernt. Und ich war schon immer fasziniert davon, neue und interessante Menschen zu treffen, andere Kulturen kennenzulernen und neue Plätze zu entdecken. Schnell habe ich gemerkt, dass ich am besten arbeite, wenn ich liebe, was ich tue und ich meinem Instinkt folge.

Auf diesen Instinkt hat Sibylle Breitbach auch immer vertraut, wenn es um die Frage ging, mit wem sie bei WASTED MANAGEMENT zusammenarbeiten will. Dass es nur einige wenige Klienten sein sollten, war recht schnell klar. Sie hat es immer vermieden die Agentur zu groß werden zu lassen oder sich selbst zu ernst zu nehmen – ein Umstand, auf den der Name WASTED ironisch hinweisen soll. Lieber wollte sie sich eingehend mit den augenscheinlichen und verborgenen Begabungen, den Wünschen und Visionen von Künstlern auseinandersetzen, die sie faszinieren: Menschen, die ihre Augen zum Leuchten bringen.

Neben Heike Makatsch gehören dazu die Schauspielerinnen Lilith Stangenberg, Pheline Roggan, Sonja Gerhardt, Seyneb Saleh, Kathrin Angerer, Marie Bloching sowie die Schauspielerin und Musikerin Larissa Sirah Herden (Lary). Zudem betreut WASTED MANAGEMENT die Presse-und Öffentlichkeitsarbeit von Konzertveranstalter Scumeck Sabottka (MCT) und war über viele Jahre für die Pressearbeit von Robbie Williams während seiner Deutschlandtourneen verantwortlich.

Wie entscheidest du, welchen Künstler du in deine Agentur aufnimmst?

Ich muss etwas in diesem Menschen sehen und mich zu hundert Prozent für mein Gegenüber interessieren, sonst geht das, was ich mit ihm vorhabe, gar nicht: diese intensive Auseinandersetzung und Aufbauarbeit. Ich würde niemanden aufnehmen, der von mir erwartet, dass ich ihm sage, was zu tun ist. Er muss bereit sein, das mit mir gemeinsam herauszufinden. Weil ich sehr unterschiedliche Künstler vertrete, ist die Herangehensweise grundsätzlich sehr individuell.

 

Inwiefern hat sich deine Arbeit in den letzten 20 Jahren verändert?

Ich glaube, die Arbeit hat sich weniger verändert, als ich mich selbst: Mit der Erfahrung sind die Urteile sicherer, der Instinkt ausgeprägter geworden. Ich bin davon überzeugt, dass man seinen Job am besten macht, wenn man Freude daran hat. Und das ist bei mir definitiv der Fall.

 

So gelingt es WASTED MANAGEMENT mit einer fein austarierten Mischung aus Hingabe und Gespür immer wieder neue, vielleicht unerkannte, vielversprechende Wege für und mit ihren Klienten aufzuspüren. Gemeinsam gehen die sich dann ohnehin am schönsten.

Annett Scheffel